Nachhaltige Finanzen: Das Interview mit Jörg Weber…
Liebe Klimaschützer:innen, Nachhaltige Finanzen sind ein vielschichtiges Thema, bei dem sich viele Fragen auftun, durchaus auch kritische. Wir finden: Gute Information ist ein wichtiger Beitrag für mehr Nachhaltigkeit - Was läge also näher als unsere Fragen all denen zu stellen, die mit dem Thema als Expert:innen vertraut sind? Diese Woche beantwortet uns Jörg Weber von ECOreporter unsere Fragen, und wir freuen uns sehr, dass wir ihn für diesen Beitrag gewinnen konnten! Hier kommt das Interview! Guten Tag Herr Weber, wer oder was ist ECO reporter? Jörg Weber: ECOreporter ist eine Publikation, die seit 1999 nur ein Thema hat: Nachhaltige Geldanlage. Wir leben von den Abos der Leserinnen und Leser. Also: Keine Abhängigkeit von Finanzanbietern, keine Affiliate Links oder ähnliche Geschäfte, keine Abhängigkeit von Werbekunden oder anderen – eine wesentliche Voraussetzung für kritischen Finanzjournalismus. Es gibt keine Beteiligungen von und an ECOreporter – auch das ist eine Voraussetzung für Unabhängigkeit. Tests, Analysen, Warnungen in der Wachhundrubrik, Tipps, das sind die Inhalte. Nachhaltige Finanzen sind, naja, nicht in aller Munde, aber doch ein Thema, das auf immer größeres Interesse stößt: Immer mehr Menschen wollen gern, dass ihr angelegtes Geld nicht in klimaschädliche Geldanlagen investiert wird. Nun die Frage: Wie stellt man so etwas an? Welche wichtigsten 3 Fragen muss man sich beantworten, und welche kurze Antwort würden Sie darauf geben? Jörg Weber: Als erstes würde ich mich fragen: Wieviel Zeit will ich für meine eigene Geldanlage aufwenden? Wenn ich viel Zeit und viel Geld investieren will, dann kann es sich lohnen, alles in Eigenregie anzugehen, was mit Geldanlage zu tun hat. Wenn ich diese Aufgabe eher delegieren möchte, dann würde ich zu einer der ernsthaft nachhaltigen Banken gehen. Beispielsweise GLS Bank, Triodos Bank oder UmweltBank oder eine der Kirchenbanken. Und bitte beachten: Kirche und Kirchenbank ist nicht dasselbe; die Kirchenbanken machen sehr gute Arbeit. Dann würde ich mich fragen, wie lange ich wieviel Geld festlegen kann und wieviel Rendite ich erwarte? Wenn ich mit gut zwei Prozent Rendite pro Jahr leben kann, dann würde ich auf eine Festgeldanlage bei einer ethischen Bank setzen und auf Genossenschaftsanteile dort. Dann fließt mein Geld wirklich in nachhaltige Projekte und nicht nur in Börsengeschäfte. Die Banken leihen das Geld Unternehmen und Menschen, die damit etwas Nachhaltiges anstellen. Ob es um ein grünes Kraftwerk geht oder um einen Kindergarten. Mehr nachhaltige Wirkung geht kaum. Letztlich rate ich dazu, sich zu fragen: Habe ich das Finanzprodukt, das mir angeboten wird, wirklich verstanden? Kann ich nachvollziehen, wo mein Geld landet? Kritisch sein, fragen, fragen, fragen. Darüber schlafen und noch einmal fragen. Wenn genervte oder ausweichende Antworten kommen: verabschieden. Neue Beratung suchen. Oder neues Produkt. Ich weiß, das klingt nicht toll. Nicht einfach. Aber ich glaube, dass es wenige Lebensbereiche gibt, in denen man mehr an der Nase herumgeführt als bei der Geldanlage. Gibt es sie überhaupt, die nachhaltige Geldanlage? Was ist mit ETFs, Green Bonds…? Natürlich, es gibt richtig nachaltige Geldanlagen. Nur ist es sehr schwierig, die von denen zu unterscheiden, die nur so tun. Ich denke beispielsweise, dass nur ein oder zwei Prozent der ETFs wirklich das an Nachhaltigkeit bieten, was Menschen sich vorstellen, die Nachhaltigkeit suchen. Bei Green Bonds ist es anders herum, die sind meist wirklich nachhaltig. Leider kann man oft erst ab 100.000 Euro oder mehr in solche Anleihen investieren. Das ist eher etwas für die sogenannten Institutionellen Anleger, die großen Fische also. Wenigstens läuft der Green-Bond-Markt gut. Aber es gibt, so sind unsere Testergebnisse, ein paar Hände voll wirklich nachhaltiger Aktienfonds in Deutschland. Auf die kann man setzen - wenn es denn Fonds sein sollen. Die sind übrigens auch finanziell nicht schlechter als ETFs. Oft sogar besser. Wie kann ich mich als Privatanleger sowohl treffsicher informieren als auch vor Greenwashing schützen? Was soll ich sagen? Jetzt kommt die Eigenwerbung: ECOreporter lesen. Unser Traum: Zehn Mal so viel Leserinnen und Leser. Dann könnten wir den Abopreis auf zehn Prozent reduzieren, unsere journalistische Arbeit hätte vielleicht zehn Mal so viel nachhaltige Wirkung… und unsere Recherchen würden mehr Menschen zeigen, dass es wirklich noch nicht zu spät ist, gegen die Klimakatastrophe anzukämpfen. Und dass es dafür auch wahrlich nicht an Geld mangelt, wie uns so viele weismachen wollen. *** Wir von der Klima Community wissen auf jeden Fall, was wir sagen wollen, nämlich ganz herzlichen Dank für dieses großartige Interview! (Foto: Jörg Weber, Copyright: MHubert).